Soziale und ökologische Risiken in Lieferketten
Welche Risiken bestehen in unseren Lieferketten?
Erfahren Sie hier anhand von interaktiven Grafiken und Videos, welche ökologischen und sozialen Risiken in den Lieferketten sensibler Produkte bestehen, um diese in Ihren Ausschreibungen zu berücksichtigen. Eine Risikoanalyse für Ihre Beschaffungsbedarfe ist sinnvoll, um die gravierendsten Risiken innerhalb der Lieferketten zu mindern bzw. so weit möglich auszuschließen. Auch öffentliche, z.B. kommunale Unternehmen sind ab 1000 Mitarbeitenden verpflichtet, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) umzusetzen. Diese Seite kann Ihnen dabei helfen, die wichtigsten Risiken zu identifizieren und zu adressieren.
Wählen Sie eine Produktgruppe:
Was sind sensible Produktgruppen und worauf sollte bei der Vergabe geachtet werden?
Sensible Produktgruppen beinhalten Produkte, die ein besonders hohes Risiko dafür aufweisen, dass sie nicht unter Beachtung der in den ILO-Kernarbeitsnormen (s.u.) festgelegten Mindeststandards und/oder unter Verletzung weiterer Menschenrechtsstandards gewonnen oder hergestellt wurden. Besonders hoch ist das Risiko dann, wenn es Hinweise auf Verletzungen von Menschen- und Arbeitsrechten im jeweiligen Herkunftsland gibt. Auf den folgenden Seiten finden Sie umfangreiche Informationen zu einer Auswahl sensibler Produktgruppen, die von Kommunen und anderen öffentlichen Vergabestellen beschafft werden, inklusive häufig auftretender Risiken in der Lieferkette.
Wenn Ihr Beschaffungsgegenstand in eine dieser Produktgruppen fällt, empfehlen wir Ihnen, sich hier über die wichtigsten Risiken zu informieren und darüber hinaus anhand der spezifischen Details Ihres Beschaffungsbedarfes eine tiefergehende Risikoanalyse vorzunehmen und die Ergebnisse und daraus folgenden Entscheidungen zu dokumentieren.
Merkblatt zu den sensiblen Produktgruppen
Die ILO-Kernarbeitsnormen in der nachhaltigen Beschaffung
Die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO-Kernarbeitsnormen) haben eine wichtige Rolle als weltweit anerkannte, grundlegende Sozialstandards. 1998 wurden acht Normen der ILO aufgrund ihrer elementaren Bedeutung zu Kernarbeitsnormen erklärt, die für ILO-Mitgliedsstaaten eine besondere Verbindlichkeit haben. Sie gelten auch dann, wenn ein Staat die einzelnen Normen nicht alle explizit ratifiziert hat.
Die fünf Grundprinzipien der ILO-Kernarbeitsnormen:
- Abschaffung der Zwangsarbeit (Übereinkommen 29 und 105)
- Vereinigungsfreiheit (Übereinkommen 87 und 98)
- Verbot von Diskriminierung (Übereinkommen 100 und 111)
- Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit (Übereinkommen 138 und 182)
- Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (Übereinkommen 155 und 187, seit 2022)
Weiterführende Informationen zu den ILO-Kernarbeitsnormen
Weitere einführende Informationen finden Sie hier:
Einführung in die ILO-Kernarbeitsnormen
Die Kernarbeitsnormen wurden 2022 um weitere zwei Normen zum Thema Arbeitsschutz ergänzt. Was die neuen Kernarbeitsnormen für die öffentliche Beschaffung bedeuten und auf was man bei ihrer Anwendnung achten sollte, haben wir in diesem Informationsblatt zusammengefasst:
Diese Punkte sollten Sie bei Ihrer Risikoanalyse beachten:
- Sind für die Produktionsländer besondere Risiken für Verstöße bekannt? Hierzu können Sie beispielsweise die länderspezifischen Umsetzungshilfen von GTAI, dem Auswärtigen Amt (AA) und der IHK für das LKSG und die Berichte und Übersichten von Nichtregierungsorganisationen zu Rate ziehen.
- Können die Hersteller Ihnen darlegen, dass sie selbst eine Risikoanalyse durchgeführt haben und entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung und -vermeidung getroffen haben? Beispielsweise könnten dies die Zertifizierung von Produkten mit glaubhaften Gütezeichen, die Mitgliedschaft in einer glaubhaften Multistakeholder-Initiative (MSI) oder auch eine Darstellung der Maßnahmen, die im Rahmen der Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes getroffen werden sein. Weitere Informationen dazu finden Sie auch auf unserer Seite Nachweise.
- Wie groß ist Ihr Einfluss auf den Markt bzw. auf das beauftragte Unternehmen? Je nach Volumen des Auftrags ist es möglich, sich umfangreichere Informationen vorlegen zu lassen oder spezifische Berichte einzufordern. Auch die eigene Nachprüfung in den Produktionsanlagen oder die Beauftragung von Dritten (Auditgesellschaften oder sektorspezifische Initiativen wie z.B. Electronics Watch) dazu sind dabei Möglichkeiten, die bereits von einigen Vergabestellen in Deutschland und in europäischen Nachbarländern genutzt werden. Je nach Anforderung an das Unternehmen müssen solche Bedingungen bereits im Rahmen der Vergabeunterlagen bekannt gemacht werden.
Die gesuchte Produktgruppe ist nicht dabei, kann ich daher ausschließen, dass Risiken vorliegen?
Über die hier angeführten Produktgruppen hinaus gibt es zahlreiche weitere, für die wir Ihnen noch keine Darstellung auf dieser Webseite anbieten können bzw. die im Allgemeinen nicht als sensible Produktgruppe eingestuft werden. Dennoch empfiehlt es sich auch in solchen Fällen, den Lebenszyklus des Produktes nachzuvollziehen und grundlegende Überlegungen anzustellen, ob in diesem Fall trotzdem ein Risiko vorliegen kann. Beispielsweise
- aufgrund der dafür verwendeten Rohstoffe, die ggf. teilweise denen in den auf dieser Webseite vorgestellten sensiblen Produktgruppe entsprechen können,
- aufgrund von Produktionsländern, für die bestimmte Risiken bekannt sind
- oder auch anhand von Meldungen über Verstöße, die Sie über eine Internetrecherche finden können.
Fast alle Bedarfsgegenstände der öffentlichen Hand haben globale Lieferketten – selbst bei regional hergestellten Produkten gibt es fast immer Alternativangebote, die eine weite Reise hinter sich haben. Selbst wenn eine Produktgruppe in der Regel kein hohes Risiko trägt, kann es auch in solchen Produktgruppen Einzelfälle geben. Je komplexer und globaler eine Lieferkette ist, desto schwieriger ist ihre Nachvollziehbarkeit und entsprechend kann dadurch auch das Risiko für Rechtsverstöße steigen. Doch auch bei komplett in Europa oder Deutschland gefertigten Produkten kann es, wenn auch seltener, zu Verstößen kommen. Daher empfehlen wir auch in solchen Fällen zumindest eine grobe Recherche sowie die Dokumentation Ihrer Ergebnisse und der daraus resultierenden Umsetzungsentscheidung. So können Sie im Falle von Verstößen bei Ihrem Auftragnehmer nachweisen, dass Sie eine Risikoanalyse durchgeführt haben.