Kompass Nachhaltigkeit

Öffentliche Beschaffung

Bürobedarf

Soziale und ökologische Risiken in der Lieferkette von Bürobedarf

Das Wichtigste in Kürze

Was Sie bei der Beschaffung von Bürobedarf beachten sollten

Bürowaren sind wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Beschaffung. Risiken in der Lieferkette für Bereiche der Büroausstattung wie IT-Hardware und Büromöbel sind über entsprechende Produktgruppen im Kompass Nachhaltigkeit abgedeckt (Computer bzw. Holz & Holzprodukte). Für Büromaterial ist bisher die Produktgruppe Papier vorhanden. Weitere wichtige Untergruppen im Bereich Büromaterial werden hier abgebildet: Stifte und Schreibwaren, Ordnersysteme und Bürobedarfe (z.B. Stempelkissen, Gummibänder/Radiergummi, Aufkleber/Klebeband, Tonerkassetten/Tonerpatronen).

Ein Fokus liegt auf dem Einkauf umweltverträglicher Produkte, welcher durch die Vielzahl an Inhalts- und Wertstoffen in Büromaterialien eine zum Teil große Herausforderung darstellt. Dabei stehen insbesondere die biologische Abbaubarkeit, die Nutzung nachwachsender Rohstoffe sowie die Möglichkeit zur Wiederauffüllung und Recycelbarkeit der Endprodukte im Vordergrund. Auch die Sicherstellung sozialer Standards während des Abbaus und der Verarbeitung der Produktrohstoffe kann nicht immer gewährleistet werden. Daher sollte beim Einkauf auf transparente Lieferketten sowie nach Möglichkeit auf die Regionalität der Produkte geachtet werden. Zertifizierungen und Siegel können zusätzlich Aufschluss über die ökologischen und sozialen Standards geben (siehe bspw. Gütezeichenfinder).

Im Durchschnitt gab 2019 jede Person in Deutschland durchschnittlich 179 € für Papier-, Bürobedarf und Schreibwaren aus. Dabei erfolgt der Vertrieb mit einem Marktanteil von 37,8 % vorrangig durch den Großhandel. Der Marktanteil des Online-Handels wächst jedoch stetig. 2018 lag das Gesamtmarktvolumen bei 12,8 Milliarden Euro. Davon entfielen beispielsweise 918 Millionen Euro auf Schreibwaren, wobei insbesondere für den Absatz von Blei- und Buntstiften sowie Textmarkern ein Wachstum prognostiziert wird.

Weiterführende Informationen

Allgemeine Hinweise zur Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in den Beschaffungsprozess finden Sie hier.

Ein Online-Tool zur Prüfung menschenrechtlicher Risiken in der Lieferkette vom „Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte“ finden Sie hier.

Kommunale Praxisbeispiele zur Beschaffung von Bürobedarf finden Sie hier.

Weiterführende Informationen zu Büromaterial:

Die Lieferkette von Bürobedarf im Detail

Lieferkette im Detail

(nach UBA)

Klicken Sie auf einzelne Schritte in der Infografik links, um mehr über die ökologischen und sozialen Risiken bei der Beschaffung von Bürobedarf zu erfahren.

01 Rohstoffgewinnung

Für die Produktion der vielfältigen Büromaterialien werden zahlreiche unterschiedliche Rohstoffe benötigt. Die Grundstoffe Metall, Holz, Kunststoff und Gummi sind dabei in der Regel Hauptbestandteile. Da Gummi zum Großteil aus Naturkautschuk gewonnen wird, welcher von Kautschukbäumen stammt, gelten für Gummi ähnliche ökologische und soziale Risiken wie für Holz und Papier. Bei Schreibwaren und im Bürobedarf spielen zudem Farbstoffe, Lösungs- und Konservierungsmittel, wie sie z.B. in der Tinte von Stiften, Markern, Klebern und Druckfarben vorkommen, eine größere Rolle.

Entsprechend heterogen – und eher material- als branchenspezifisch – sind die Bedingungen und Risiken bei der Rohstoffgewinnung. Inzwischen existiert ein vielseitiges Angebot aus langlebigen und biobasierten Produktalternativen für Büromaterialien, bei denen allerdings auch Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden müssen (z. B. Holz, Papier).

Ökologische Risiken

  • Büromaterialien aus Kunststoff sowie mit Lösungs-, Konservierungs- und Farbstoffen: Einsatz von Chemikalien, Verbrauch von Rohöl, hoher Energiebedarf
  • Büromaterialien aus Holz, Gummi oder Pappe/Papier: Entwaldung (auch illegal), Bedrohung der Artenvielfalt, Bodenschäden, Beeinträchtigung des lokalen und globalen Klimas 
  • Büromaterialien aus Metall bzw. mit Bestandteilen aus Metall: Flächenverbrauch, Entwaldung, Einsatz von giftigen Substanzen, Verschmutzung von Böden und Gewässern, Ausbeutung von Grundwasservorkommen, Zerstörung von Biotopen, hoher Energieeinsatz

Soziale Risiken

  • Büromaterialien aus Holz, Gummi oder Pappe/Papier: Gefährdung der Lebensgrundlagen umliegender Gemeinden (insbes. indigener Völker) durch Entwaldung, schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Sicherheitsvorkehrungen und Unfälle beim Abbau
  • Büromaterialien aus Metall: Gefährdung der Lebensgrundlagen lokaler Gemeinden (insbes. indigener Völker), Landvertreibungen und Ressourcenkonflikte, Unterstützung von bewaffneten Konflikten, schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Sicherheitsvorkehrungen und Unfälle, Gesundheitsschäden durch Schwermetallvergiftungen
  • Büromaterialien aus Kunststoff sowie mit Lösungs-, Konservierungs- und Farbstoffen: unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, Gesundheitsschäden durch giftige Dämpfe/Gefahrstoffe

02 Verarbeitung

Auf Grund der Heterogenität der Produkte sind allgemeine Aussagen über die Verarbeitungsbedingungen und -risiken kaum möglich. Führende europäische Hersteller achten bereits zunehmend auf die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Umwelt- und Sozialstandards an ihren internationalen Produktionsstandorten, zu denen vor allem Gebiete in Osteuropa, Süd- und Zentralamerika sowie Südostasien gehören. 

Dennoch mangelt es an Transparenz konkrete Verarbeitungsstufen und mögliche Risiken bei der Produktion offenzulegen. Insbesondere in Südamerika und Südostasien herrschen noch immer allgemein niedrige Produktionsstandards, wodurch sich die unten aufgeführten ökologischen und sozialen Risiken ergeben. Generell sollten Artikel bevorzugt werden, die in Ländern mit hohen Umwelt- und Sozialstandards hergestellt wurden oder die Siegel über den Nachweis entsprechender Standards enthalten. 

Während des Verarbeitungsprozesses werden auch Verpackungen gefertigt, die insbesondere bei kleinteiligen und kurzlebigen Produkten wie Büromaterial nach dem Kauf im Müll entsorgt werden. Daher sollten Büromaterialien mit einem möglichst geringen Verpackungsanteil gewählt werden. Weiterhin kann auf biobasierte oder recycelbare Verpackungen zurückgegriffen werden. 

Ökologische Risiken

  • Verwendung problematischer Additive (z.B. Füllstoffe, Weichmacher, toxische Chemikalien) bei der Verarbeitung der Rohstoffe, z.B. Phthalate zur Aufbringung von Farben und Lacken
  • Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser sowie geringe Energieeffizienz und Ressourcenverschwendung an Produktionsstandorten durch mangelnde/fehlende Umweltstandards
  • Verpackungen in Übergröße und/oder Verpackungen aus schwer recycelbaren und biologisch nicht abbaubaren Materialien 

Soziale Risiken

  • geringe Löhne und verspätete Auszahlung, überlange Arbeitszeiten und erzwungene Überstunden, fehlender Kündigungsschutz und fehlende Arbeitnehmervertretung
  • gesundheitliche Schäden durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit Chemikalien und Maschinen
  • unzumutbare Bedingungen in Fabrikunterkünften

03 Nutzung

Eine zentrale Herausforderung in der Nutzungsphase ist es, die gefahrlose Nutzung von Büromaterialien sicherzustellen und die Verwendung von Schadstoffen auszuschließen. Die Europäische Chemikalienverordnung REACH verpflichtet europäische Händler bereits dazu, Daten und eine Risikobewertung zu den in ihren Produkten enthaltenen Chemikalien vorzulegen. 

Farben und Lacke in Stempeln, Schreibwaren, Klebstoffen und Druckerpatronen sollten keine Zusätze von Schwermetallen wie Quecksilber, Cadmium, Blei, Nickel oder Chrom (VI) enthalten, da diese für den menschlichen Körper giftig sind. Klebstoffe sollten zudem auf Lösungsmittel aus volatilen organischen Verbindungen (VOC) und Konservierungsstoffe aus der Gruppe der Isothiazolinone verzichten. Mögliche Folgen der genannten Inhaltsstoffe können Schäden in Leber und Nieren, Allergien sowie Reizungen der Atemwege sein.

Speziell beim Kauf von Druckerpatronen sollten zudem billige Duplikate vermieden werden, da es sich dabei häufig um illegale Patronenkopien handelt, die gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. 2018 konnten in 8 von 9 durch den TÜV getesteten Patronenkopien hohe Konzentrationen des verbotenen toxischen Flammschutzmittels Decabromdiphenylether (DecaBDE) nachgewiesen werden. Zudem lassen sich Billigprodukte oft nicht recyceln und reduzieren damit die Lebensdauer der Patronen.

Die Lebens- und Nutzungsdauer von Büromaterialien im Allgemeinen sollte möglichst beim Kauf berücksichtigt werden. Für Kugelschreiberminen hat der Industrieverband Schreiben, Zeichnen, Kreatives Gestalten e.V. z.B. beispielsweise Empfehlungen für Mindestfüllmengen herausgegeben. Grundsätzlich sollten Produkte mit Nachfüllmechanismen Einwegprodukten vorgezogen werden. Dies gilt nicht nur für Schreibwaren, sondern auch für Stempelkissen, Kleberoller und Notizbücher, denen bspw. neue Seiten hinzugefügt werden können. 

Ökologisches Risiko

  • geringe Nutzungsdauer durch den Kauf von Einwegprodukten anstelle von nachfüllbaren Alternativen und/oder den Kauf von Produkten mit geringer Füllmenge bzw. ohne Mindestfüllmenge (z.B. bei Schreibwaren, Tonern)

Soziales Risiko

  • Gesundheitsgefährdung durch schädliche Inhaltsstoffe, z.B. Lösungs-, Konservierungs- und Farbstoffe

04 Entsorgung

Die Entsorgung von Büromaterialien kann in erster Linie unter ökologischen Gesichtspunkten problematisch sein. Beim Kauf von Produkten sollte bereits auf ihre Recycelbarkeit geachtet werden. Beispielsweise können Original-Druckerpatronen bereits zu 80% recycelt werden. Tatsächlich werden in Deutschland bislang jedoch etwa 90% leerer Tintenpatronen im Müll entsorgt und nur 10% zurück in den Kreislauf geführt und wiederaufbereitet. Auch Büromaterial aus Kunststoffen (z.B. Klarsichtfolien, Hüllen von Schreibwaren) sollten möglichst recycelt werden, da ihre Zersetzung auf Mülldeponien über 1000 Jahre in Anspruch nehmen kann. 

Werden Produkte nach ihrer Nutzung entsorgt, sollte auf eine fachgerechte Entsorgung geachtet werden. Büromaterialien enthalten oft mehrere Wertstoffe, die getrennt entsorgt werden müssen. Zum Beispiel kann ein Aktenordner aus Pappe mit einem Kunststoffüberzug geschützt sein und zudem Eisen für die Heft- und Hebeltechnik enthalten. Lösungsmittelhaltige Klebstoffe sowie Lacke und Farben, die Gefahrenstoffe beinhalten, müssen zudem zu Schadstoffannahmestellen gebracht werden, da ihre Entsorgung im Restmüll Umweltschäden wie Grundwasserkontamination verursachen kann. 

Ökologische Risiken

  • Umweltbelastung durch toxische Inhaltsstoffe (z. B. Lösungs-, Konservierungs- und Farbstoffen) bei nicht vorschriftsmäßiger Entsorgung 
  • Mangelnde Recyclingmöglichkeiten und -strukturen (z. B.  keine Rücknahmesysteme für Toner) sowie schlecht recycelbare Materialien

05 Transport

Aufgrund der vielfältigen Rohstoffe, die zur Herstellung und Verarbeitung von Büromaterialien genutzten werden, können keine einheitlichen Aussagen zu den Transportwegen getroffen werden. Oft werden die Rohstoffe aber außerhalb Europas abgebaut und auch die Verarbeitung erfolgt in weiten Teilen der Welt. Bis zum Handel und Versand der produzierten Büromaterialien in Deutschland ergeben sich daher in der Regel lange Transportwege, die aufgrund von Abgasen und dem Verbrauch von Treibstoff eine Belastung für die Umwelt darstellen.