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Beispiele aus der Beschaffungspraxis
Hier finden Sie erfolgreiche kommunale Umsetzungsbeispiele, die danach ausgewählt wurden, unterschiedlichste Bedarfsgegenstände und Ausgangssituationen widerzuspiegeln. Nachhaltigkeitskriterien werden auf verschiedene Weise (z.B. verpflichtend / optional, Verortung in den Vergabeunterlagen) und in unterschiedlichem Umfang eingefordert. Die folgende Auswahl soll Ihnen verschiedene Umsetzungswege aufzeigen.
Nur von Kommunen freigegebene Beispiele können wir hier veröffentlichen, daher bitten wir Sie um Mithilfe bei der Erweiterung dieses Angebots, indem Sie Ihre erfolgreichen Verfahren über dieses Formular an uns einreichen. Vielen Dank dafür!
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich bei den folgenden Seiteninhalten um Beispiele handelt, wie unterschiedliche Kommunen erfolgreich nachhaltig beschafft haben, nicht um juristisch geprüfte Musterunterlagen. Wir bemühen uns um möglichst große Aktualität und erarbeiten die Zusammenfassungen nach bestem Wissen gemeinsam mit den Kommunen. Dennoch können wir eine rechtssichere Übertragung auf Ihre individuelle Beschaffung nicht garantieren. Jede Kommune und Vergabestelle ist selbst verantwortlich für die rechtssichere Umsetzung ihrer Vergaben.
Halle (Saale) - Arbeitsbekleidung und Arbeitsschuhe (2019)
Die Stadt Halle (Saale) schreibt seit Mai 2019 Arbeitsbekleidung und Arbeitsschuhe unter Verwendung eines Formblattes zum Nachweis der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen in der Produktion aus. Bieter müssen ein Formular zur Einhaltung und Kontrolle der ILO-Kernarbeitsnormen ausfüllen, dort müssen Angaben zur Herkunft jedes Produktes gemacht werden. Sofern das Produktionsland sich auf der von der Bundesregierung herausgegebenen DAC-Liste der Entwicklungsländer und Gebiete befindet, werden Nachweise in Form von unabhängigen Gütezeichen, Zertifikaten oder einer Mitgliedschaft in einer Multistakeholder-Initiative gefordert. Die Anforderungen an diese Nachweise werden erläutert.
Bieter, die das Formblatt nicht ausfüllen oder über keine Nachweise verfügen, werden von der Vergabe ausgeschlossen. Eine andere Verfahrensweise wurde bei zwei Ausschreibungen gewählt, wo soziale Kriterien nicht als Ausschluss-, sondern als Zuschlagskriterium mit 50% gewertet wurden. Die Stadt Halle (Saale) bezieht sich auf die Empfehlungen der Bundesregierung bezüglich der Anforderungen und Glaubwürdigkeit dieser Nachweise und nutzt dafür www.siegelklarheit.de und den Kompass Nachhaltigkeit. Entsprechen die Nachweise nicht den Anforderungen, wird der Bieter ausgeschlossen.
Für den Nachweis gelten folgende Voraussetzungen:
„Ein Label, Zertifikat oder ein Nachweis einer Multi-Stakeholder-Initiative gilt dann als unabhängig, wenn die folgenden Anforderungen erfüllt sind:Multi-Stakeholder-Steuerung: Gewerkschaften, ArbeitnehmerInnenorganisationen, NGOs und Unternehmen sind gleichberechtigt an der Initiative beteiligt. Dies kann sowohl auf der Ebene des Vorstandes als auch des Verwaltungsrates der Fall sein. Keine einzelne Interessengruppe wie z.B. ArbeitgeberInnen, ArbeitnehmerInnen oder andere Nichtregierungsorganisationen nimmt eine beherrschende Rolle innerhalb der Initiative ein.
Die grundlegenden Arbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation – ILO – Konventionen Nr. 29, 87, 98, 100, 105, 111, 138, 182 – werden in einen Verhaltenskodex aufgenommen, in dem sich der Bieter selbst und seine Unterauftragnehmer zur Einhaltung der ILO -Normen verpflichtet.
Durch die ausstellende Institution finden Überprüfungen statt, inwieweit der Bieter sowie seine Nachunternehmer bis hin zur Konfektionierung / Schaftfertigung die Einhaltung der ILO -Kernarbeitsnormen bei der Herstellung des Produkts umsetzen.“
Gibt der Händler an, dass die Produktion in einem Land stattfindet, das nicht auf der DAC-Liste verzeichnet ist, so hat er folgende Angaben zu machen:
„Bitte geben Sie an in welchen Ländern die Konfektionierung der Textilien bzw. die Schaftherstellung der Schuhe vorgenommen wird. Dem Auftraggeber ist der a) Produktionsstandort sowie b) der Name der Produktionsstätten der Konfektionierung des im konkreten Auftrag zu beschaffenden Produkts einzureichen. Diese Angaben werden vertraulich behandelt.“
Die Stadt hat mit der Umsetzung in bisher 8 Verfahren (Stand März 2020) unterschiedlicher Größe (Direktvergabe, beschränkte Ausschreibung und öffentliche Ausschreibung) gute Erfahrungen gemacht:
„Seit der Einführung des Formulars im Mai 2019 hat sich viel getan. Händler bieten uns nun vermehrt Produkte von Herstellern an, deren Produktion entweder unter europäisches Arbeitsrecht fällt oder die über entsprechende unabhängige Gütezeichen und Zertifizierungen verfügen. Ein Schuhhersteller lässt sich nun SA-8000 zertifizieren, weil es so viele Anfragen zu den Produktionsbedingungen von Kommunen gab!“
„Oft werden auch noch Eigenerklärungen, Code of Conducts oder Gütezeichen und Mitgliedschaften eingereicht, die unseren Anforderungen nicht genügen. Unser Eindruck ist, dass die Händler zunächst skeptisch reagieren, dann aber durchaus Verständnis aufbringen und nachhaltige Angebote machen können. Sie müssen auf entsprechende Hersteller aufmerksam gemacht werden und die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Gütezeichen und Multistakeholder-Initiativen muss ihnen erläutert werden.“
Neben den Sozialstandards spielt immer auch die Qualität (Verarbeitungsqualität und Tragekomfort) eine Rolle, hierzu findet eine Wertung statt.
Formblatt zum Nachweis der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen
Auswertung der bisherigen Verfahren
Einwohnerzahl Halle (Saale): 238.000Kontakt:
Oliver Paulsen
Referent für Grundsatzangelegenheiten
Telefon: 0345-221-4006
E-Mail: oliver.paulsen@halle.de