Berufskleidung
- CPV-Code
- 18110000-3
Leistungsbeschreibung in der Praxis
In den folgenden Angaben werden soziale und ökologische Kriterien vorgeschlagen, die Sie in Ihre Vergabeunterlagen aufnehmen können. Es wird angegeben, wie Sie diese Kriterien einsetzen können. Dabei wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen Ihres Bundeslandes berücksichtigt. Es werden nur Kriterien genannt, zu denen uns Anbieter bekannt sind, die diese erfüllen können.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich bei diesen Angaben um Hinweise handelt, wie Sie einen nachhaltigen Beschaffungsprozess ausrichten können. Wir bemühen uns um möglichst große Aktualität und erstellen die Angaben nach bestem Wissen. Dennoch sind die die Angaben verwendenden kommunalen Stellen selbst verantwortlich für eine rechtssichere Vergabe.
Welche Kriterien kann ich in Baden-Württemberg für dieses Produkt setzen?
Soziale Kriterien
Soziale Kriterien im Bereich Faire Beschaffung
Einbindung der ILO-Kernarbeitsnormen
Sie können sich bei der Einbindung der ILO-Kernarbeitsnormen an der VwV Beschaffung des Landes Baden-Württemberg aus dem Jahr 2015 orientieren.
In der Herstellung von Bekleidung und Textilien können Sie nicht in jedem Produktionsschritt die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen verlangen. Möglich ist dies bei den Schritten der Gewinnung des Rohstoffes Baumwolle und im Arbeitsschritt der Konfektionierung von Bekleidung und Textilien.
In der Beschaffung von Bekleidung und Textilien können Sie demnach in den Bedingungen zur Auftragsausführung verlangen.
Textbaustein: „(…), dass die Herstellung bzw. Bearbeitung der zu liefernden Bekleidung und Textilien im Herstellungsschritt der Gewinnung der Rohbaumwolle [und/oder der Konfektionierung] unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen erfolgt.
Dies bedeutet, dass im Herstellungsschritt der Gewinnung der Rohbaumwolle [und/oder der Konfektionierung]
a) keine Zwangsarbeit einschließlich Sklaven- und (unfreiwilliger) Gefängnisarbeit entgegen dem Übereinkommen Nummer 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit und dem Übereinkommen Nummer 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit geleistet wird;
b) allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Recht, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten sowie das Recht auf Tarifverhandlungen entsprechend dem Übereinkommen Nummer 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes und dem Übereinkommen Nummer 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen gewährt wird;
c) keine Unterscheidung, Ausschließung oder Bevorzugung, die auf Grund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft entgegen dem Übereinkommen Nummer 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung oder Beruf aufgehoben oder beeinträchtigt wird;
d) männlichen und weiblichen Arbeitskräften entsprechend dem Übereinkommen Nummer 100 über die Gleichheit des Entgeltes männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt gezahlt wird;
e) keine Kinderarbeit in ihren schlimmsten Formen entgegen dem Übereinkommen Nummer 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit und dem Übereinkommen Nummer 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung geleistet wird.
Nachzuweisen ist die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen beispielsweise über die Gütezeichen Cotton Made in Africa (Rohstoffproduktion), Fairtrade Certified Cotton (Rohstoffproduktion), GOTS (Herstellung und Weiterverarbeitung), Fair Wear Foundation (Herstellung und Weiterverarbeitung) oder einen gleichwertigen Nachweis über die Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen.“
Sie müssen den Bieter in den Vergabeunterlagen darüber informieren, dass die Einhaltung dieser Regelung bei Auftragserteilung Vertragsbestandteil wird. Der Bieter muss in einer Erklärung versichern, dass er sich bei Erreichen des Angebotes an diese Vertragsbedingungen hält.
Zu diesem Zweck gibt es in der Verwaltungsvorschrift des Landes eine Mustererklärung.
Sie sollten zunächst prüfen, ob die Bieter, die Bekleidung und Textilien nachweislich nach ILO-Kernarbeitsnormen herstellen, die Art von Bekleidung und Textilien liefern können, die Sie beschaffen möchten. Ist dies der Fall, schlagen wir vor, die Muster-Erklärung anzupassen und „Nachweis 3“ nicht mit in die Erklärung aufzunehmen, da Sie hinreichend Nachweise über die tatsächliche Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen über „Nachweis 1“ oder „Nachweis 2“ erhalten sollten und nur so garantieren können, dass die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen tatsächlich gewährleistet ist.
Können Sie keine oder nicht genügend Bieter ausmachen, die Bekleidung und Textilien nachweislich unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen herstellen können, verwenden Sie zusätzlich Nachweis 3.
Welche Kriterien haben Kommunen in Baden-Württemberg bereits verwendet?
Konstanz - Arbeitskleidung mit Waschservice auf Mietbasis mit Nachhaltigkeitsaspekten (2022)
Zwei kommunale Eigenbetriebe der Stadt Konstanz – die Technischen Betriebe Konstanz (TBK) und die Entsorgungsbetriebe Konstanz (EBK) – haben bei einer gemeinsamen EU-weiten Neuausschreibung eines Rahmenvertrages für Mietdienstkleidung mit Waschdienstleistung Nachhaltigkeitskriterien gefordert. Sie wurden dabei vom Verein FEMNET e. V. unterstützt.
Es wurden ca. 1.000 Kleidungsstücke (Warnschutzkleidung, Arbeitskleidung in verschiedenen Farben, Multinormkleidung, Laborkleidung) für ca. 180 Mitarbeitende, 20 Schmutzfangmatten, 1.000 Putztücher für die Kfz-Werkstatt und 130 Geschirrhandtücher ausgeschrieben. Die Kleidung soll geleast werden, das Waschen und die Reparatur ist Teil der ausgeschriebenen Dienstleistung.
Im Zuge einer Marktrecherche wurde zunächst geklärt, welche Nachhaltigkeitskriterien für diese Ausschreibung gefordert werden könnten. Es stellte sich dabei heraus, dass viele Anbieterfirmen von Mietkleidung mit Waschdienstleistungen schon innovative Umweltschutzmaßnahmen umsetzen. Diese sind aber nicht unbedingt gut miteinander vergleichbar. Deshalb wurde für Waschdienstleistung und Transport der kleinste gemeinsame Nenner gefunden: Für die Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energien sowie einen möglichst geringen Schadstoffausstoß bei der Lieferung konnten im Rahmen der Zuschlagskriterien Punkte erreicht werden (10 % der Wertung).
Daneben wurde untersucht, welche Nachhaltigkeitskriterien die Kleidungsstücke bereits erfüllen können. Diese Marktrecherche ergab, dass für den größten Teil der ausgeschriebenen Kleidung die Erfüllung derILO Kernarbeitsnormen schon verpflichtend gefordert werden kann.
Entsprechend wurden für 6 der 10 Lose (Warnschutzkleidung, Multinormkleidung, Arbeitskleidung) die ILO Kernarbeitsnormen verpflichtend im Leistungsverzeichnis gefordert.
Die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen auf Produktionsebene kann durch unabhängige Audits nachgewiesen werden, die in den vergangenen drei Jahren durchgeführt wurden.
Anerkannte Nachweise
- Amfori BSCI: Auditbericht für den Konfektionsbetrieb, Note A oder B
- Fair Wear Foundation: Auditbericht für den Konfektionsbetrieb (eine Mitgliedschaft alleine reicht nicht aus)
- GOTS-Produktzertifizierung oder GOTS-Zertifikat für den Konfektionsbetrieb
- Grüner Knopf-Produktzertifizierung
- IVN Best-Produktzertifizierung
- Made in Green-Produktzertifizierung
- SA8000-Zertifikat für den Konfektionsbetrieb
- SteP-Zertifikat für den Konfektionsbetrieb
- oder gleichwertig
Gleichwertige Nachweise
- Nachweis über einen Betriebsrat (Angabe der Kontaktdaten)
- Kollektivvereinbarung/Verhandlungen mit einer lokalen Gewerkschaft (Vorlage des Dokuments, Kontaktdaten)
- Nachweisliche Bemühungen um einen Tarifvertrag (falls es noch keinen Flächentarif gibt) oder vergleichbares
Für die genannten 6 Lose wurden zusätzlich soziale und ökologische Kriterien abgefragt. Dafür kamen zwei Fragebögen zum Einsatz, einer bezog sich auf die Konfektionierung, der andere auf die Fasern.
Auf der Ebene der Konfektionierung wurden basierend auf den Kriterien des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Fragen zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht gestellt (Fragenkatalog 1 [s.u. unter Downloads]). Für jede Frage war angegeben, welche Gütezeichen und welcher alternative Nachweis als Erfüllung anerkannt wurden.
Im zweiten Fragenkatalog ging es um die Nachhaltigkeit der verwendeten Rohstoffe/Fasern im Bezug auf Baumwolle und Polyester. Dabei wurden beispielsweise für den Einsatz von biologischer oder fair gehandelter Baumwolle bzw. den Einsatz von recyceltem Polyester extra Punkte vergeben.
In den zwei Fragebögen konnten insgesamt 100 Punkte erreicht werden: 70 Punkte für unternehmerische Sorgfaltspflichten/Konfektionierung und 30 Punkte für soziale und ökologische Kriterien/Fasern.
Die abschließende Wertung für die Zuschlagserteilung ergab sich mit folgender Gewichtung (Zuschlagskriterien):
- Angebotspreis 60%
- Nachhaltigkeitskriterien 20%
- Trageversuch 10%
- Schadstoffausstoß bei der Anlieferung 7,5%
- Verwendung von Ökostrom in der Wäscherei 2,5%
Begleitende Maßnahmen
In einem Bieterdialog wurden die Anforderungen an Nachhaltigkeitskriterien erläutert. Im Dialog wurden die Erwartungen von Auftraggeberseite und die Möglichkeiten potenzieller Bietender abgeglichen.
In je einem Sensibilisierungsworkshop wurden die Mitarbeitenden von EBK und TBK mit ins Boot geholt.
Für die anspruchsvolle Aufgabe, die jeweiligen Nachweise übersichtlich darzustellen und deren Status abzubilden, wurde eine Excel-Tabelle entwickelt. Bei der Auswertung der Nachweise stellte sich heraus, dass die automatisierte Eintragung von Punkten für einen bestimmten Nachweis sehr hilfreich war. So kann ein eingereichter Nachweis nach der Prüfung eingetragen werden, die Tabelle trägt dann automatisch die Punkte ein, die damit erreicht werden konnten.
Aus dieser Tabelle entwickelte FEMNET e.V. ein Tool, das Beschaffungsstellen bei der Dateneingabe unterstützt (Fragebogen zu Nachhaltigkeitskriterien, entsprechende Nachweise). Automatisiert kann anschließend eine interaktive Excel-Tabelle exportiert werden, die für verschiedene Produktgruppen in Ausschreibungsunterlagen genutzt werden kann.
Vergabe
Die erreichten Punkte in den Fragebögen zur unternehmerischen Sorgfaltsflicht und den sozialen und ökologischen Kriterien bei Baumwolle und Polyester haben für die Bieterfirma, die den Zuschlag erhielt, hat den Unterschied gemacht, hierdurch konnte sie den Auftrag für sich gewinnen.
Vertragsbeginn ist der 1.4.2023. Die Laufzeit beträgt sechs Jahre, um eine maximale Nutzungsdauer der eingesetzten Kleidungsstücke zu erreichen. Somit ist auch der Aspekt der Langlebigkeit bedacht worden.
Zum Download
[Leistungsverzeichnis]
[Matrix „Zuschlagskriterien“]
[Tool „Nachhaltigkeitsfragebogen“]
[Gesamtpaket Vergabeunterlagen]
Einwohnerzahl Konstanz: 85.000Ansprechpartner für Rückfragen zu Konstanz:
Andreas Haaga
Technische Betriebe Stadt Konstanz
Telefon 07531-997-275
E-Mail Haaga@ebk-tbk.de