Pflastersteine
- CPV-Code
- 44113130-5
Leistungsbeschreibung in der Praxis
In den folgenden Angaben werden soziale und ökologische Kriterien vorgeschlagen, die Sie in Ihre Vergabeunterlagen aufnehmen können. Es wird angegeben, wie Sie diese Kriterien einsetzen können. Dabei wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen Ihres Bundeslandes berücksichtigt. Es werden nur Kriterien genannt, zu denen uns Anbieter bekannt sind, die diese erfüllen können.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich bei diesen Angaben um Hinweise handelt, wie Sie einen nachhaltigen Beschaffungsprozess ausrichten können. Wir bemühen uns um möglichst große Aktualität und erstellen die Angaben nach bestem Wissen. Dennoch sind die die Angaben verwendenden kommunalen Stellen selbst verantwortlich für eine rechtssichere Vergabe.
Welche Kriterien kann ich in Berlin für dieses Produkt setzen?
Soziale Kriterien
Soziale Kriterien im Bereich Faire Beschaffung
Bei ober- und unterschwelligen Vergaben möglich:
Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen
Das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz verpflichtet Sie ab einem Auftragswert von 10.000€ darauf hinzuwirken, dass keine Waren Gegenstand der Leistung sind, die unter Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen hergestellt wurden. Sicherlich können Sie auch unterhalb dieses Auftragswertes auf eine Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen achten.In der Beschaffung von Naturstein können Sie demnach in den Bedingungen zur Auftragsausführung verlangen:
Textbaustein 1
„(…), dass die Herstellung bzw. Bearbeitung vonNaturstein unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen erfolgt ist, die sich nach folgenden Kriterien darstellen:
- Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit vom 28. Juni 1930 (BGBl. 1956 II S. 641) und Übereinkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit vom 25. Juni 1957 (BGBl. 1959 II S. 442): Zwangs- und Pflichtarbeit ist vollständig unzulässig zum Vorteil Privater oder als politische Diskriminierung, für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung, zur Sicherung der Arbeitsdisziplin oder der Sanktionierung der Streikteilnahme und als Maßnahme rassistischer, sozialer, nationaler oder religiöser Diskriminierung. Ist sie zulässig, so gilt der Grundsatz der arbeitsäquivalenten Vergütung.
- Übereinkommen Nr. 87 vom 9. Juli 1948 (BGBl. 1956 II S. 2073) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes und das Übereinkommen Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen vom 1. Juli 1949 (BGBl. 1955 II S.1123): Es muss eine Freiheit der Bildung von Vereinigungen der Arbeitgeber und -nehmer vorliegen, es muss einen wirksamen Schutz vor Benachteiligung wegen Gewerkschaftszugehörigkeit oder gewerkschaftlicher Betätigung vorliegen.
- Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit vom 29. Juni 1951 (BGBl. 1956 II S. 24): männliche und weibliche Arbeitskräfte müssen bei gleicher Arbeit gleiches Entgelt erhalten.
- Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 25. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 98): Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen keine Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Glaubensbekenntnis, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft erfahren. Es darf darüber hinaus keine die Gleichheit der Chancen oder der Behandlung beeinträchtigende andere Ungleichbehandlung auftreten, sofern dies vom jeweiligen Staat der Produktionsstätte festgelegt wurde.
- Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung vom 26. Juni 1973 (BGBl. 1976 II S. 202) und Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit vom 17. Juni 1999 (BGBl. 2001 II S.1291): Ausbeuterischer Kinderarbeit darf nicht durchgeführt werden, es sind die im Übereinkommen genannten Mindestaltersgrenzen von Personen unter 18 Jahren einzuhalten. Für Personen unter 18 Jahren sind die schlimmsten Formen der Kinderarbeit verboten: Sklaverei und sklavenähnliche Praktiken, Prostitution und Pornografie, unerlaubte Tätigkeiten, schädliche Arbeiten.“
Der Bieter ist in den Vergabeunterlagen darüber zu informieren, dass die Einhaltung dieser Regelung bei Auftragserteilung Vertragsbestandteil wird. Der Bieter muss in einer Erklärung versichern, dass er sich bei Erreichen des Angebotes an diese Vertragsbedingungen hält. Im Folgenden machen wir einen Vorschlag für diese Erklärung (Textbaustein 2):
Textbaustein 2
„Hiermit erklären wir, dass
[Einsatz Textbaustein 1]
Ich/Wir sichere/n dies zu, indem wir eine wie folgt beschriebene Zertifizierung oder einen aufzuführenden gleichwertigen Nachweis erbringen:
(Name des Siegels/Nachweises, vom Bieter auszufüllen)
Mögliche Bieter für Ihre Wünsche finden Sie unten stehend aufgelistet, sortiert nach den Zertifikaten, die sie erbringen können. Können Sie keine oder nicht genügend Bieter ausmachen, die das gewünschte Produkt nachweislich unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen herstellen können, können Sie als Alternative von den Unternehmen verlangen, dass sie nachweislich daran arbeiten, die Arbeitsbedingungen in ihren Produktionsabläufen zu verbessern. Zusätzlich zu der oben genannten wäre also folgende Auswahlmöglichkeit zuzulassen:
Textbaustein 3
„Ich/Wir sichere/n zu, dass unser Unternehmen – zielführende Maßnahmen eingeleitet hat die Arbeitsbedingungen entsprechend der ILO-Kernarbeitsnormen zu verbessern. Den Nachweis über diese Bemühungen erbringen wir über die Mitgliedschaft in folgender Monitoring-Organisation oder über einen gleichwertigen Nachweis:
(Bezeichnung des Nachweises, vom Bieter auszufüllen)“
Sie finden unten stehend ausreichend Bieter für Naturstein, die die oben genannten Zertifikate und Nachweise erbringen können. Wenn Sie dennoch erhebliche Zweifel haben, dass Sie ausreichend Bieter für Ihre Bedingungen finden, wenden Sie sich gerne an uns.
Welche Kriterien haben Kommunen in Berlin bereits verwendet?
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg - Pilotausschreibungen zu Pflastersteinen (2018)
In den Jahren 2018 und 2019 wurden in dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zwei Pilotausschreibungen zur Beschaffung von Natursteinen aus sozial verantwortlichem Bezug durchgeführt.
Ausschreibung Mai 2018
Es handelte sich um eine Öffentliche Ausschreibung. Bei dieser wurden in einer Ergänzung zu den ILO-Kernarbeitsnormen neben der expliziten Nennung der 4 zentralen Säulen der ILO-Kernarbeitsnormen auch das Xertifix-Zertifikat des Vereins Xertifix e.V. oder ein vergleichbares Zertifikat abgefragt (Verpflichtungerklärung). Zusätzlich mussten hierin Angaben der Länder nach der DAC-Länderliste gemacht werden.Ausschreibung März 2019
Es handelte sich um eine Beschränkte Ausschreibung. Hier wurde in einer Ergänzung zu den ILO-Kernarbeitsnormen das Xertifix-Zertifikat des Vereins Xertifix e.V., das Fairstone-Zertifikat des Vereins Fairstone e.V. oder ein vergleichbares Zertifikat abgefragt. Zusätzlich mussten Angaben der Länder nach der DAC-Länderliste über eine Verpflichtungserklärung gemacht werden.Der innovative Charakter der Ausschreibungen besteht darin, dass produktspezifische Sozialstandards verankert wurden, die über die vom Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) als Mindeststandards vorgegeben ILO-Kernarbeitsnormen hinausgehen. Weiterhin wurden glaubwürdige Nachweise gefordert und Eigenerklärungen explizit ausgeschlossen.
Essentiell für die Durchführung und das Monitoring waren die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anteilig finanziell geförderte Personalstelle für Kommunale Entwicklungspolitik, die u. a. zur Stärkung der sozial verantwortlichen Beschaffung arbeitet, und eine effektive Zusammenarbeit mit Expert*innen aus der Zivilgesellschaft.
Da es sich bei den Ausschreibungen um Pilotprojekte handelt, war eine intensive Vorbereitung und Begleitung der Verfahren notwendig. Die gesammelten Erfahrungen werden derzeit evaluiert und dokumentiert und sollen anderen Vergabepraktikern und Verwaltungen zur Verfügung gestellt werden, die häufig über knappere Zeitressourcen verfügen.
Es soll an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass sich im Rahmen der Pilotausschreibungen nicht ermitteln ließ, ob und inwieweit mit der Beschaffung von nachweislich sozial verantwortlich produzierten Natursteinen eine Steigerung des Auftragsvolumens einhergeht. Dies liegt daran, dass die Ausschreibung der Natursteinbeschaffung inklusive Liefer- und Einbauleistungen erfolgte. Eine Aufschlüsselung der Preisbildung kann vom Bauunternehmer nicht verlangt werden, da die Kalkulation zum Betriebsgeheimnis zählt.
Ein Video zu den Pilotausschreibungen finden Sie hier.
Download der Dokumentation (zum parallelen Pilotprojekt des Berliner Bezirks Neukölln)
Einwohnerzahl Berlin Friedrichshain-Kreuzberg: 289.000Ansprechpartner für Rückfragen zu Berlin Friedrichshain-Kreuzberg:
Julia Scherer
Koordinatorin für Bezirkliche Entwicklungspolitik
Telefon 030 – 90 298 8057
E-Mail Julia.Scherer@ba-fk.berlin.deStephanie Back
Leiterin Zentrale Vergabestelle
Telefon (030) 90298-4621
E-Mail Stephanie.Back@ba-fk.berlin.deHelena Jansen
Koordinatorin für Kommunale Entwicklungspolitik
Telefon 030-902984096
E-Mail helena.jansen@ba-fk.berlin.deBerlin Neukölln - Pilotausschreibung zur Beschaffung von Natursteinen (2019)
Im Jahr 2019 wurde in dem Berliner Bezirk Neukölln eine Pilotausschreibung zur Beschaffung von Natursteinen aus sozial verantwortlichem Bezug durchgeführt.
Hintergrund der Entscheidung war ein Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom März 2019, dass das Bezirksamt Neukölln importierte Natursteinmaterialien für Bauvorhaben nur noch einsetzen darf, wenn diese unter fairen Bedingungen produziert wurden.
Aufbauend auf Pilotprojekten zur Beschaffung von Naturstein im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg konnten die von Friedrichshain-Kreuzberg zur Verfügung gestellten und rechtlich geprüften Ausschreibungsunterlagen als Orientierung für die Ausarbeitung der Textbausteine für das Pilotprojekt in Neukölln verwendet werden.
Es handelte sich um eine nationale öffentliche Ausschreibung im unterschwelligen Baubereich. Die ILO-Kernarbeitsnormen, die weiteren Arbeits- und Sozialstandards sowie die Vorgaben zur Nachweisführung waren Teil der Ausführungsbedingungen und wurden durch ein Formblatt „V 247 F. Ergänzende Vertragsbedingung Natursteine“ abgefragt.
Ebenso wurde vom Bieter eine unterschriebene Verpflichtungserklärung mit Angebotsabgabe gefordert. Die inhaltliche Ausgestaltung der Verpflichtungserklärung erfolgte weitestgehend analog zu Friedrichshain-Kreuzberg.
Der innovative Charakter der Ausschreibungen bestand darin, dass produktspezifische Sozialstandards verankert wurden, die über die vom Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) als Mindeststandards vorgegeben ILO-Kernarbeitsnormen hinausgehen. Weiterhin wurden glaubwürdige Nachweise gefordert und Eigenerklärungen explizit ausgeschlossen.
Essentiell für die Durchführung und das Monitoring waren die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anteilig finanziell geförderte Personalstelle für Kommunale Entwicklungspolitik, die u. a. zur Stärkung der sozial verantwortlichen Beschaffung arbeitet, und eine effektive Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen aus der Zentralen Vergabestelle, den Fachämtern sowie mit Expert*innen aus der Zivilgesellschaft.
Da es sich bei den Ausschreibungen um Pilotprojekte handelt, war eine intensive Vorbereitung und Begleitung der Verfahren notwendig. Die gesammelten Erfahrungen wurden umfangreich evaluiert und dokumentiert und stehen anderen Vergabepraktikern und Verwaltungen zum Download zur Verfügung. Darin enthalten sind u.a. Empfehlungen für Textbausteine und für die Nachweisführung.
Einwohnerzahl Berlin Neukölln: 327.000Ansprechpartner für Rückfragen zu Berlin Neukölln:
Eva Hein
Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik, Bezirksamt Neukölln, Stabsstelle für Dialog und Zukunft