Kompass Nachhaltigkeit

Öffentliche Beschaffung

Naturstein

Soziale und ökologische Risiken in der Lieferkette von Naturstein

Das Wichtigste in Kürze

Was Sie bei der Beschaffung von Naturstein beachten sollten

Aus ökologischer und sozialer Sicht sind Naturwerksteine der ideale Baustoff. Im Vergleich zu anderen Baustoffen ist ihr Abbau energie- und ressourcenschonend. Nicht mehr benötigte Steine lassen sich gefahrlos in den natürlichen Stoffkreislauf zurückführen. Die Lebensdauer ist im Vergleich zu Beton (ca. 30 Jahre) mit bis zu mehreren hundert Jahren deutlich länger.

Doch aufgrund des niedrigen Preises fand um die 2000er-Jahre eine starke Öffnung für den Import von Natursteinen aus Asien statt. Arbeitsrechts-, Sicherheits- und Umweltstandards in den dortigen Steinbrüchen und steinverarbeitenden Betrieben liegen häufig unterhalb wichtiger Standards die bspw. in Deutschland gelten. Zudem sind mit dem Transport negative Umweltauswirkungen verbunden.

Ein Großteil des in Deutschland verwendeten Natursteins wird als Rohmaterial oder verarbeitetes Produkt importiert.

Weiterführende Informationen

Allgemeine Hinweise zur Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in den Beschaffungsprozess finden Sie hier.

Ein Online-Tool zur Prüfung menschenrechtlicher Risiken in der Lieferkette vom „Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte“ finden Sie hier.

Kommunale Praxisbeispiele zur Beschaffung von Lebensmitteln finden Sie hier.

Weiterführende Infos dazu sowie Angaben zu den in Deutschland verwendeten Gesteinsarten finden Sie hier:

Die Lieferkette von Naturstein im Detail

Lieferkette im Detail

Klicken Sie auf einzelne Schritte in der Infografik links, um mehr über die ökologischen und sozialen Risiken bei der Beschaffung von Natursteinen zu erfahren.

01 Rohstoffgewinnung

Die Lieferkette von Natursteinen beginnt mit dem Abbau von Gesteinsblöcken bzw. Rohmaterial. Natursteine werden meist in großen Blöcken abgebaut. Sie werden mittels Sprengung oder durch Bohrarbeiten aus dem Fels herausgelöst und dann mit Pressluftgeräten und Keilen in kleinere Blöcke zerlegt. Beispiele für ökologische und soziale Risiken während des Abbaus von Natursteinen können folgende sein:

Ökologische Risiken

  • Flächenverbrauch
  • Bodendegradation
  • Landnutzungskonflikte
  • Hoher Wasser- und Energieverbrauch
  • Keine Renaturierung nach Beendigung des Abbaus

Soziale Risiken

  • Geringe Löhne
  • Gesundheitsschäden durch unzureichenden Schutz vor Staub (eine häufig auftretende Krankheit ist Silikose, die so genannte „Staublunge“)
  • Unzureichender Schutz der Arbeitenden vor sonstigen Gefahren wie Unfällen mit Gesteinsbrocken, Werkzeug oder Lärm
  • Keine Arbeitnehmendenvertretungen
  • Schuldknechtschaft
  • Fehlende soziale Sicherheit und unregelmäßige Einkommen

02 Verarbeitung

Die abgebauten Rohblöcke werden entweder direkt im Steinbruch, meist mittels maschinell betriebener Hämmer oder Sägen, in kleinere Blöcke gespalten oder in einen Betrieb zur Weiterverarbeitung transportiert.

Der Betrieb kann sich im Abbauland befinden, aber auch in einem Drittland. Ein Beispiel für eine aktuell typische Lieferkette ist: Abbau in Indien – Weiterverarbeitung in China – Verwendung in Deutschland. Es werden aber auch Natursteine in Deutschland abgebaut und verarbeitet oder in Europa abgebaut und zur Verarbeitung nach China transportiert, um dann als Fertigware wieder importiert zu werden. Die verarbeitenden Betriebe stellen z.T. fertige Produkte wie Küchenplatten oder Grabsteine her.

Kleineres Material wird entweder direkt im Steinbruch bearbeitet oder (z.B. in Indien) vom Minenbesitzer über Subunternehmer in umliegende Dörfer gebracht. Dort werden die Steinbrocken von ganzen Familien, inklusive Kindern, zu Niedriglöhnen weiterverarbeitet. Nach der Bearbeitung mit Hammer und Meißel werden die Steine vom nächsten Mittelsmann abgeholt.

Auf dem Weg vom Steinbruch bis zum Endkonsumenten liegen also viele Abzweigungen, was den Schutz der Arbeitenden erschwert. Nichtsdestotrotz haben die Händler*innen und Käufer*innen es am Ende in der Hand: Sie können die Situation durch das Fordern von Nachweisen für die Einhaltung von Arbeitsstandards oder den Kauf zertifizierter Ware beeinflussen. Eine Alternative sind Natursteine aus Deutschland oder ggf. Europa, bei denen klar ist, dass beim Abbau und in der Verarbeitung Richtlinien zum Schutz der Arbeiter*innen und Umweltstandards eingehalten werden. Auch recycelte Natursteine sind eine gute und zudem umweltfreundliche Alternative.

Ökologische Risiken

  • Flächenverbrauch
  • Hoher Wasser- und Energieverbrauch

Soziale Risiken

  • Geringe Löhne
  • Gesundheitsschäden durch unzureichenden Schutz vor Staub (eine häufig auftretende Krankheiten ist Silikose, die so genannte „Staublunge“)
  • Unzureichender Schutz der Arbeitenden vor sonstigen Gefahren wie Unfällen mit Gesteinsbrocken, Werkzeug oder Lärm
  • Keine Arbeitnehmervertretungen
  • V.a. in Indien: Kinder- und Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft, fehlende Schulbildung
  • Fehlende soziale Sicherheiten und unregelmäßige Einkommen

03 Nutzung

Im öffentlichen Gebäudebau (Hochbau) werden Natursteinprodukte vorwiegend für repräsentative Bauten eingesetzt, zum Beispiel als Natursteinfassaden an Außen- oder Innenwänden, als Bodenbelag oder als Material für Treppenstufen. Aufgrund des vergleichsweise hohen Preises werden sie aber zunehmend durch andere Werkstoffe ersetzt.

Im öffentlichen Straßenbau kommen Natursteine in Form von Granitbordsteinen oder als Mauersteine (Sandstein, Kalk, Basalt) bei Lärmschutz-und Trennmauern zum Einsatz. Auf kommunaler Ebene im Altstadt-Bereich werden auch Pflastersteine eingesetzt. Bordsteine stammen häufig aus China, in den letzten Jahren aber auch zunehmend aus der Türkei.

Darüber hinaus wird Natursteinschotter aus gebrochenem Granit gerne als Füllmaterial eingesetzt: Naturgesteinskörnungen nutzt man für Trag- und Deckschichten. In ca. 20 % der Gesteinskörnung für Beton und Zement wird Kalksteinsplitt eingesetzt. Im Schienenbau werden gebrochene Natursteine z.B. als Gleisschotter verwendet, wobei hier zunehmend auf gebrauchte Steine zurückgegriffen wird.

Der größte Teil an Natursteinen (abgesehen von Schotter und Splitt) wird im Bereich des Freianlagen-und Landschaftsbaus eingesetzt. Auf öffentlichen Plätzen im Innenstadtbereich, Grünflächen, städtischen Gärten und Kinderspielplätzen wird häufig auf Natursteinpflaster oder Natursteinplatten, sowie auf Mauerwerk aus Naturstein zurückgegriffen.

Außerdem kommen Naturwerksteine sehr häufig für historische Monumente, Denkmäler und im Bestattungswesen zum Einsatz.

Soziale Risiken

  • Informelle Beschäftigungsverhältnisse und Niedriglöhne im Bausektor und damit u.U.
  • fehlende soziale Sicherung und unregelmäßiges Einkommen

Weitere Literatur:

04 Recycling & Entsorgung

Die Lebensdauer von Natursteinen ist mit bis zu mehreren hundert Jahren extrem lang. Nicht mehr benötigte Natursteine lassen sich gefahrlos in den natürlichen Stoffkreislauf zurückführen. Naturstein lässt sich also problemlos recyceln, sogar mehrmals, selbst wenn irgendwann „nur noch“ Schotter als Straßenunterbau dabei herauskommt. In Deutschland werden Natursteine, sofern sie nicht mit anderem Material untrennbar verbunden sind, in den meisten Fällen recycelt und als Recycling-Baustoffe wiederverwendet (Straßenbau, Erdbau, Deponiebau, Asphalt- und Betonherstellung). Genaue Angaben zur Wiederverwertung von Natursteinen gibt es nicht, da diese unter verschiedene Kategorien fallen, wie z.B. Bauschutt oder mineralische Bauabfälle. Es ist davon auszugehen, dass Natursteine zumindest nach privater Nutzung (z.B. für eine Terrasse) entsorgt werden.

Weitere Infos

05 Transport

Rohmaterial aus Indien, Weiterverarbeitung in China und Verkauf und Nutzung in Deutschland. So können Lieferketten im Natursteinsektor aussehen. Vom Abbau im Steinbruch bis zum fertiggestelltem Bauwerk werden meist lange Transportwege per Schiff, Lkw und Zug zurückgelegt. Treibstoffverbrauch und Abgase sorgen für Umwelt- und Klimabelastungen, die auch für die Gesundheit des Menschen schädlich sind.

Aus ökologischer Sicht ist die Beschaffung recycelter oder heimische Natursteine sinnvoll, um den langen Transport des tonnenschweren Materials zu vermeiden.

Ökologisches Risiko

  • Hoher Treibstoff-Verbrauch und CO2-Ausstoß beim Transport mit Schiffen oder Lkw (Beim Transport von Natursteinen aus China fallen beispielsweise 60-mal höhere Emissionen an, als beim Transport heimischer Steine)